„Linksunten in Kärnten. Kommunisten und Kommunistinnen in Österreichs
Süden“ von Daniel Jamritsch wurde vom Zukunftsfonds der Republik
Österreich gefördert und ist im Eigenverlag erschienen. Dem Text sind
die Biographien zahlreicher Mitglieder bzw. Funktionäre der KPÖ Kärnten
beigefügt.
Vorwort
Die 1918 gegründete Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) bildete
in Kärnten eines ihrer politischen Zentren. Angesichts der
deutschnationalen Prägung der Kärntner Sozialdemokratie ermöglichte sie
hier eine konkrete Alternative für Teile der Arbeiterschaft und der
slowenischen Volksgruppe, die im alltäglichen Leben auf Werte wie
Antifaschismus, Internationalismus und Solidarität in hohem Maß
angewiesen waren. Zum einen ist gerade das Zusammenwirken linker Kräfte
aus dem slowenisch- und deutschsprachigen Gebiet Kärntens ein
wesentlicher Faktor für die phasenweise Stärke der Kommunisten, zum
anderen führte genau dieser Umstand - speziell in Hinblick auf die
jugoslawischen Territorialforderungen nach 1945 - immer wieder zu
Bruchlinien in der Landesorganisation, die in der vorliegenden Arbeit
näher beleuchtet werden sollen. Vorausgeschickt werden kann eine
Einschätzung des Historikers Theodor Domej, wonach in den ersten Jahren
nach dem Zweiten Weltkrieg in keiner anderen Partei die Grenz- und
Minderheitenfrage eine so bedeutende Rolle [spielte] wie in der KP
Kärntens. Alle Höhen und Tiefen dieser Kleinpartei seien Domej zufolge
aufs engste mit der Minderheitenfrage verbunden.
Das bürgerliche und deutschnationale, allerdings auch das
sozialdemokratische Lager hat der KPÖ die zeitweilig starke
Zusammenarbeit mit der slowenischen Volksgruppe nie verziehen. Ihr Herz
und ihre Heimat sind nicht hier, urteilte etwa die in Klagenfurt
erscheinende Tageszeitung Neue Zeit über die KPÖ, die das
Selbstbestimmungsrecht der Kärntner Slowenen forderte, nach dem Zweiten
Weltkrieg. Jenem Krieg, in welchem Kommunisten als führende organisierte
Kraft für die Befreiung vom NS-Regime und für die Wiederherstellung
Österreichs gekämpft hatten. Nach 1945 knüpften ÖVP, SPÖ und
Organisationen wie etwa der Kärntner Heimatdienst an antikommunistische
Ressentiments aus der Vorkriegs- und NS-Zeit an und betteten diese - nun
in Grenzlage zum sozialistisch gewordenen Jugoslawien - in den
antislawischen Kärntner Konsens ein.
Trotzdem zog die KPÖ nach Kriegsende kurzzeitig in die Kärntner
Landesregierung ein und erreichte bei der Landtagswahl im November 1945,
für die sie eine Wahlempfehlung von der slowenischen Befreiungsfront
Osvobodilna Fronta erhalten hatte, drei Mandate im Landtag. Doch schon
unmittelbar nach dem sowjetisch-jugoslawischen Zerwürfnis im Jahr 1948,
als Tito Stalins Führungsanspruch verweigerte, büßte die Kärntner KP
ihren Einflussbereich wieder ein, weil sie als sture Verfechterin der
anti-titoistischen Position Stalins einen großen Teil ihres
kärntner-slowenischen Mitglieder- und Wählerbestandes vergrault hatte.
Es ist ebenso wenig Zufall, dass die Partei nach den Aufständen in
Ungarn aus dem österreichischen Parlament ausschied, wie auch der
Verlust ihres letzten Landtagsmandats unmittelbar nach dem Prager
Frühling. Nach dem zunehmenden Verlust ihres Macht- und
Einflussbereiches verlor die KP mit dem Ende ihrer Tageszeitung
Volkswille 1989 schließlich auch ihr regional-publizistisches Standbein
und erreichte bei Wahlen keine nennenswerten Erfolge mehr. Mit dem
Untergang der Sowjetunion, der einen global entfesselten Kapitalismus
zur Folge hatte - in regionalem Maßstab steht diese Entwicklung durchaus
in Zusammenhang mit dem Aufstieg eines Jörg Haiders - ist die
politische Rolle der kommunistischen Linken auch in Kärnten in die
Bedeutungslosigkeit übergegangen. Seit Ende der 1970er-Jahre erreichte
sie nicht mehr die Ein-Prozent-Hürde bei den Landtagswahlen, 1997 verlor
sie ihr letztes Gemeinderatsmandat im ehemaligen Industrieort Bleiberg.
2018 begeht die KPÖ ihren 100. Jahrestag. Ich möchte versuchen, die
bislang wenig beachtete und oft von Widersprüchen begleitete
Parteigeschichte der Kärntner KPÖ zu skizzieren, wobei ich den
Schwerpunkt auf das Parteigeschehen im Spannungsfeld der nationalen
Kräfte setze. Ein bestimmender Bestandteil des Quellengerüstes sind
neben einschlägiger Literatur, Interviews und Archivalien auch
Publikationen aus dem Umfeld der Partei, darunter Rote Fahne,
Volksstimme, Volkswille und Kärntner Bolschewik. Die vorliegende Arbeit
basiert also zu einem bedeutsamen Teil auf Quellen und Zeugnissen jener
Menschen, die dieses hier zur Behandlung stehende jüngste Stück Kärntner
Landesgeschichte selbst „mitgemacht“ und mitgestaltet haben.